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Józef Płuciński

Józef Płuciński

Porträt von Józef Płuciński, gezeichnet mit Kohle am 6. Dezember 1940 in Stalag VIII A Gorlitz von dem Belgier Nico Help

Józef Płuciński war ein polnischer Soldat. Von September 1939 bis zum 10. Dezember 1940 war er Kriegsgefangener im Stalag VIII A. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges siedelte er sich in Toruń an, wo er bis zu seinem Tode im Alter von 75 Jahren lebte.

Józef Płuciński wurde am 17. März 1900 im Bezirk Pruchnow geboren. Im Alter von14 Jahren verließ er die Schule um auf dem Gut eines örtlichen Adligen zu arbeiten. Zu Anfang war er noch ein normaler Arbeiter, später dann der Kutscher des Grafen. Durch die teure Kutscheruniform bekam er viel Aufmerksamkeit und gute Bezahlung erhielt er auch; kurz: es hätte für ihn nicht besser kommen können.
Das Glück war aber nicht von allzu langer Dauer: Im März 1918 wurde er in die Deutsche Armee eingezogen, wenige Tage nachdem er volljährig wurde. Er musste nun nach  Stettin- Głębokie (Glambecksee), wo er sich seiner 6-monatigen Ausbildung unterzog. Im Oktober desselben Jahres entschied er sich für einen Spontan- Urlaub und desertierte, wurde aber schnell wieder eingefangen. Da er in der Kampfausbildung allerdings positiv aufgefallen war, wurde ihm nicht, wie vielen anderen Deserteuren ein Strick um den Hals gelegt. Stattdessen musste er ins Gefängnis.

Beim, noch im selben Jahr stattfindenden Posener Aufstand wurden Männer wie er dringend gebraucht. Deshalb entschloss er sich wenig später dazu, erneut zu desertieren und sich einer aufständischen Einheit bei Kłecko anzuschließen. Das Gebiet der aufständischen Aktivitäten seiner Einheit waren die Städte Kłecko, Kiszkowo, Murowana Goślina, Strzałkowo, Kiekrz und Mosina. Bis zum 16.Januar 1919 erzielte er unter dem Kommando von Major S. Taczak entscheidende militärische und politische Erfolge.

Ab 16.1. 1919 übernahm General J. Dowbór – Muśnicki das Kommando. Mitte Januar gab es eine deutsche Offensive (Niederlage der Aufständischen bei Szubin und Sieg bei Osieczna). Die Kämpfe endeten am 16.Februar 1919 mit einem Waffenstillstand in Trier und entlang der Grenzen der von aufständischen Truppen befreiten Gebiete wurde eine Demarkationslinie errichtet. Rund 17.000 Menschen nahmen an dem Aufstand teil. Im Kampf starben etwa 2.000 Aufständische, etwa 6000 wurden verwundet.

Nach der Befreiung Großpolens von der preußischen Teilung blieb Józef Pluciński in der Einheit, die in der Zitadelle von Posen stationiert war. Nach der Rückkehr der polnischen Armee aus Frankreich, die von General Józef Haller (1873 – 1960) kommandiert wurde, wurden die Streitkräfte in Polen zusammengelegt und an der Ostfront 1919/1920 begann ein Unabhängigkeitskrieg gegen die Rote Armee. Józef fand sich mit einer Untereinheit der 4. Armee in der Region Minsk in Weißrussland wieder. Aufgrund des vorherrschenden Hungers, den Läusen und der Unfähigkeit, die Grundregeln der persönlichen Hygiene einzuhalten und zu bewahren, begann Typhus in Józefs Einheit auszubrechen. Schon bald wurde er ins Feldkrankenhaus Nr.5 gebracht, welches nahe Minsk stationiert war. Von hier aus schickte er am 20.07.1920 seiner Familie ein Foto mit kurzen Grüßen. Er erholte sich bald wieder und schloss sich, wenn auch geschwächt, wieder seiner Einheit an.

Zusammen mit der 16. Infanteriedivision traf er wenig später in Warschau- und bald darauf in Wieprz ein. Er behauptete später, die polnische Armee habe die Bolschewiki bis 100 km östlich von der Weichsel gejagt.

Dies war jedoch nicht das Ende des Krieges, denn es gab immer noch kleinere oder größere feindliche Einheiten, die in den Wäldern und Straßen umherwanderten und versuchten, ihren Weg nach Osten zu ihren Verbündeten zu finden.

Einmal entging er nur knapp dem Tode, als er auf Patrouille war: Auf ihn und seine Einheit wurde in einem Wald Feuer eröffnet, er schaffte es, als Einziger zu entkommen. Nach dem Ende der Kämpfe an der Ostfront und der Rückkehr aus dem bolschewistischen Krieg diente Józef weiterhin in der Armee, wurde jedoch einer Telegrapheneinheit zugewiesen.
In der Zwischenzeit zogen Józefs Eltern und die ganze Familie in das Dorf Jedwabno im Bezirk Toruń. Dort arbeitete Józef Pluciński nach seiner Rückkehr von der Armee bis 1929 als Arbeiter auf einem Landgut. Während dieser Zeit lernte er seine zukünftige Frau Klara kennen, die er 1926 in Młyniec heiratete. Als seine Kinder auf die Welt kamen, wurde Józef, der seine Existenz verbessern wollte, bei der Eisenbahn in Toruń (1929 – 1931) angestellt.

1931 wechselte er zur Stadtverwaltung in die Abteilung Straßenbau. Hier arbeitete er allerdings nur Teilzeit, da er nicht von seiner Frau und dem Kind getrennt sein wollte. Um näher bei seiner Familie sein zu können mietete er eine Zweizimmerwohnung in Toruń ohne Bad und Toilette. Diese war dementsprechend unbequem, weshalb Jozef und seine Frau schnell beschlossen, frühestmöglich ihr eigenes Haus zu bauen. Die Möglichkeit hierzu ergab sich 1935, als die Stadtverwaltung den Bau einfacher Einfamilienhäuser im Stadtteil Kozackie Góry ermöglichte. Schon im Frühjahr 1936 zog er dort mit seiner Familie ein. Das Leben war schwer und Arbeit noch schwerer zu finden, aber er konnte immer auf die Unterstützung seiner Familie bauen.

Eine Woche vor Beginn des zweiten Weltkrieges wurde Józef erneut zur Armee einberufen und gemäß seiner Fähigkeiten dem 8. Kommunikationsregiment zugewiesen. Die Einheit war zu dieser Zeit in einem der Forts in Podgórze stationiert. Am 1.September 1939 verschwand Pluciński bis zum November desselben Jahres komplett von der Landkarte. Nur zwei Postkarten, in denen er berichtet am Leben zu sein und sich in deutscher Gefangenschaft befindet, erreichen seine Familie. Er erklärte auch, dass er am 19.September in Stanisławów in Gefangenschaft geraten war. Zuerst befand sich Józef in russischer Gefangenschaft, obwohl er nur wenige Wochen dort blieb, reichte es aus, um eine rheumatische Erkrankung zu bekommen, die Gefangenen mussten im November unter freiem Himmel schlafen. Von hier aus wurde er ins Stalag VIII C in Żagań gebracht und wiederum ins Stalag VIII A verlegt. Hier bekam er die Häftlingsnummer 3769/VIII A. Aus späteren Geschichten von Józef ging hervor, dass er wiederholt von den Lagerbehörden belästigt wurde, die ihm vorschlugen, im Austausch für seine frühe Entlassung aus dem Lager für die deutsche Armee zu arbeiten. Da Pluciński ein belesener Mann war, stimmte er einer solchen Lösung nicht zu und stützte sich auf die damalige Genfer Konvention, die den Einsatz von Kriegsgefangenen für die Arbeit verbot. Dank seiner Rheuma-Erkrankung konnte er viel Zeit in der Krankenstation verbringen, wo er dank seines guten Deutsches auch als Dolmetscher fungierte. Da seine Krankheit keine baldige Besserung versprach, wurde er als nutzlos für das Stalag VIII A erachtet und am 10.Dezember 1940 ins Stalag XXI A in Schildberg überführt. Es handelte sich hierbei um ein Durchgangslager, was für Józef hieß, dass er auf Entlassung aus der Gefangenschaft hoffen durfte.

So fand sich Józef nach fast anderthalbjähriger Wanderung am 12.12.1940 mit einem Behindertenausweis zu Hause wieder. Weil er nicht arbeiten konnte, erhielt er eine bescheidene Invalidenrente. Im Februar 1941 erhielt er außerdem eine einmalige finanzielle Unterstützung von der Sozialhilfe in Ostrzeszów. Dies reichte jedoch nicht aus, um eine fünfköpfige Familie zu ernähren (im April 1939 wurde ein Kind geboren – ein Sohn – Marceli). Deshalb musste seine Frau als Zimmermädchen für die reichen Deutschen arbeiten, ihr Mann nähte währenddessen Strickmützen, eine Fähigkeit, die er sich im Lager aneignete. In der zweiten Kriegshälfte begann auch sein Sohn bei einem Gärtner zu arbeiten, die Familie war finanziell endlich wieder auf den Beinen. Das Leben hätte von hieran ruhig verlaufen können und der Krieg wäre an ihnen vorbeigezogen.
Doch es kam anders: Józefs Frau hatte einen typisch deutschen Nachnamen: Fröhlich, deshalb wollte man seine Familie für die Germanisierung nutzen. Nun war Pluciński aber polnischer Patriot und aus ebendiesem Grunde nicht besonders gut auf dieses Anliegen zu sprechen. Auch bei Androhung von Gewalt gegenüber ihm und seiner Familie blieb er standhaft.

In Folge dessen wurde sein Haus oft tagsüber und sogar nachts von deutschen Patrouillen besucht, die alles auf der Suche nach verdächtigen Gegenständen durchwühlten. Diese Form der Schikane konnten ihn nicht entmutigen, er blieb bis zum Kriegsende standhaft. Als die Deutschen begriffen, dass man ihm nichts anhängen konnte, verbrannten sie seines und andere Häuser in der Stadt. Die Bewohner hatten zwei Stunden Zeit, um ihre wichtigsten Dinge zu schnappen und das Haus zu verlassen. Er und seine Familie schafften es noch alles Notwendige, inklusive Decken mitzunehmen, dies Geschah im Januar des Jahres 1945.
Zuflucht fanden sie zu ihrem Glück in einem Bunker, wo sie zusammen mit vielen anderen eng zusammen gepfercht mehrere Tage verbrachten.
Hier wiederum erwiesen sich die Deutschkenntnisse seiner Frau als nützlich, da sie durch ein Vorsprechen beim Kommandanten der deutschen Garnison der Familie ermöglichte, in eine von einer deutschen Familie verlassenen Wohnung einzuziehen. Wie genau dies möglich war, ist nicht ganz klar, man ging davon aus, dass die Deutschen vom baldigen Kommen der Sowjetarmee wussten und deshalb die Sache recht gleichgültig behandelten. Diese Wohnung sollte von nun an seine neues Zuhause sein.

Nach der Befreiung bewarb er sich erneut um eine Arbeit, welche er 1946 bei einer Fabrik, die Wasserzähler herstellte, fand. In dieser arbeitete er bis zu seiner Pensionierung 1965 als Lagerarbeiter und Portier. Mit einer bescheidenen Rente konnte er dann endlich den Ruhestand genießen.

Im Januar 1971 erlitt er eine schwere Hirnblutung, von der er sich nie mehr erholen sollte. Seine letzten Jahre verbrachte er im Rollstuhl. Am 03. April 1974 verlieh man ihm das „Kreuz des Aufstands in Großpolen“, und am 19.Februar 1975 das „Ritterkreuz des Ordens von Polonia Restituta“.
Er verstarb im Alter von 75 Jahren in Toruń.

Die Informationen haben wir von Herrn Plucińskis Söhnen Antoni und Marceli erhalten.